℗ Filmproduktion Siegersbusch, Wuppertal, 2015
Die Odyssee (Uraufführung)
Ballett von Patrick Delcroix
Musik von Ólafur Arnalds, Ben Frost, Giya Kancheli, Abel Korzeniowsky, David Lang u.a.
Choreographie Patrick Delcroix
Bühne und Licht Kees Tjebbes
Kostüme Bregje van Balen
Premiere 18. April 2015
Es gibt nichts Edleres und Bewundernswerteres, als wenn zwei Menschen, die sich gut verstehen, zum Ärger ihrer Feinde und zur Freude ihrer Freunde als Mann und Frau zusammenleben.
Homer
Der französische Choreograph Patrick Delcroix ist kein Unbekannter am Aalto Ballett Essen: Nach dem Erfolg seines Werkes „End-Los“ im Jahr 2012 wird er nun hier zum ersten Mal ein abendfüllendes Stück gestalten, und dafür hat er sich gleich ein großes Thema der Weltliteratur vorgenommen: die „Odyssee“ von Homer. In diesem Epos werden Geschichten von Göttern und Helden geschildert, die uns aus jahrtausendweiter Distanz noch immer zu fesseln und zu faszinieren vermögen. Dabei ist der Kern dieser einflussreichen Dichtung die einfache Geschichte von der Heimkehr eines verschollen geglaubten Mannes, seiner Abenteuer und der treu und geduldig auf ihn wartenden Ehefrau.
Patrick Delcroix’ Choreographie setzt ein, als Odysseus in den Trojanischen Krieg zieht und seine Frau Penelope in Ithaka zurücklassen muss. Ihre von nun an getrennt verlaufenden Lebenswege werden parallel verfolgt. Nach 20-jähriger Abwesenheit gelangt Odysseus schließlich zurück in die Heimat und muss das Vertrauen seiner Frau Penelope zurückgewinnen: Sie hatte während seiner Abwesenheit zahlreiche aufdringliche Freier abzuwehren, die sich durch eine Heirat mit ihr Macht versprachen, und hielt doch an ihm fest.
Delcroix verwebt diese Geschichte mit den tiefen inneren Prozessen, die Homers Protagonisten durchlaufen, und zeigt so die Entwicklung der Figuren in der Erkenntnis ihrer eigenen Schwache, ihrer Verletzlichkeit und ihrer Auseinandersetzung mit Verführung und Manipulation. Der erfahrene Choreograph geht von einem Grundgefühl aus, zu dem er Bilder und Stimmungen assoziiert und sie in seiner ausdrucksstarken zeitgenössischen Tanzsprache ausgestaltet. Aus der von ihm selbst arrangierten Musik wächst und erblüht dann die Choreographie – Delcroix offenbart in seinen lyrischsten Passagen ironische Facetten und entlockt auch den aggressivsten Begegnungen ein poetisches Moment.