Ein leuchtender Balken schiebt sich in das Grau, das man Alltag nennt. Die Fingerspitze gleitet über den Bildschirm. Kratzer, Bläschen, Unebenheiten unter der Schutzfolie sind die vertraute Topographie einer Oberfläche, die zwei Parallelwelten miteinander verbindet wie ein magischer Spiegel: die Benutzeroberfläche. Sie ist das Fenster zu einem zweiten Leben mit seinen eigenen Definitionen und Mechaniken von Nähe, Geschwindigkeit, Intimität und Freundschaft. Innerhalb dieses Rahmens bestimmen die User wie das Real Life erscheint.
In "Portrait/Landscape" nutzen die Schüler*innen der HPS die technischen Möglichkeiten ihrer Smartphones um Audio- und Videomaterial aus ihrem Alltagskontext zu sammeln und zu gestalten. Die verlangsamten/beschleunigten/skalierten/geloopten Videos werden zu Spielpartituren, auf deren Bewegungen und Geräusche die Schüler musikalisch und performativ reagieren, sie imitieren, konterkarieren, und übersetzen diese so vom Smartphone zurück in den physischen Raum, den Konzertsaal.
Ein Stück von Cansu Akar, Havva Albaskara, Rumeysa Albaskara, Feyzullah Araz, Walaa Azimeh, Zara Dogan, Tuba Gün, Muhammed Hüseynov, Abdullah Kader, Christian Noguera Andino, Ali Hassan Osman, Cagla Simsek. Begeleitet durch Julian Hennel, Konstanze Kivi und Nico Sauer.
Diese experimentelle Kollektivkomposition ist entstanden im Rahmen des Projektes QuerKlang 2018 - uraufgegführt im Rahmen von Berliner Festspiele | MaerzMusik - Festival für Zeitfragen am 22.3.2018.
QuerKlang ist experimentelles Komponieren in der Schule. Schüler*innen werden im Klassenverbund ermutigt, sich eigenständig mit musikalischen Materialien und dessen Gestaltungsmöglichkeiten zu beschäftigen und dieses als persönliches Ausdrucks- und Gestaltungsmittel zu erfahren. Damit können sie gleichzeitig Neugier, Toleranz und Verständnis gegenüber der Vielfalt zeitgenössischem Musikschaffens zu entwickeln. Der künstlerische Ansatz lässt sich beschreiben mit den Worten: Querdenken, Umstrukturieren, Experimentieren, Reise ins Unbekannte, Kompromissbereitschaft, Lernen als Infragestellen, Neues aus zu probieren und gewohnte Wege verlassen. In erster Linie sind alle Ebenbürtig, jeder kann Musik machen, egal welcher Herkunft, welche Sprache gesprochen wird oder musikalische Ausbildung vorhanden ist. Das Format schafft barrierefreien Zugang zum Schaffensprozess. Die Diversität und Inklusion ist dabei Grundvoraussetzung. Der Prozess schafft einen Raum indem sich die Schüler*innen mit der Musik identifizieren kann udn sich profilieren kann. Der Raum bildet eine Brücke zur Teilhabe und zur Stärkung der Gemeinschaft. Dabei im Mittelpunkt steht der experimentelle, eigenverantwortliche Umgang mit einer Vielfalt von musikalischen Materialien und musikalischen Ideen. ein wichtiger Punkt der erreicht werden soll, ist die Differenz, die als Produkt und als Vorgang ästhetischer Wahrnehmung entstehen soll und ist Mittelpunkt des künstlerischen Ansatzes. Differenzen schaffen Raum für Irritationen, die neues Denken anstoßen, Kreativität und Reflexion fördern, Orientierung und Akzeptanz neu herstellen. Das Urteilsvermögen, die Entscheidungsfähigkeit und die Teamfähigkeit der Schüler*innen wird auf die Probe gestellt und entwickelt sich. Wenn die Schüler*innen im Prozess auf Vorschläge und Ideen eingehen, genau hinhören und eigene ästhetische Empfindungen argumentativ verteidigen, wird nicht nur das Selbstbewusstsein gefördert sondern auch der Zusammenhalt beeinflusst.
Weitere Infos unter querklang.eu