URBAN MINING - Die Stadt als ewige Rohstoffquelle
Regie: Sandra Czeczelitz
Produktion: Christoph Gretzmacher | twovisions Filmproduction
45min A 2012 Sendung vom 29.10.2012. 3sat
Während die Abfallberge in unseren Städten wachsen, werden Rohstoffe weltweit immer knapper und teurer. Über Jahrzehnte wurden Bodenschätze in die Industrienationen verfrachtet und in beispielsweise Hochhäuser, Handys und Autos verbaut. Metropolen sind heute gigantische Rohstoffminen. Forscher und Firmen beginnen nun zu schürfen.
„Heute ist bereits die Hälfte des natürlichen Kupfervorkommens in unseren Städten verbaut“, weiß der Experte Theodor Zillner. Eine Bilanz die zum Nachdenken bewegt. Unsere Metropolen scheinen großen Appetit nach vielerlei Rohstoffen zu haben und unser aufwändiger Lebensstil fordert seinen Tribut. Grund genug, dass diese Frage derzeit die ganze Welt beschäftigt: Woher sollen die begehrten Materialien in Zukunft kommen?
Ein nicht ganz neues, aber zunehmend populäres Konzept gibt mögliche Antworten darauf. Urban Mining – oder die Idee der Stadt als Bergwerk. Nun sollen kostbare Rohstoffe nicht mehr aus dem Boden, sondern aus den Wänden abrissreifer Gebäude, aus längst vergessenen Mülldeponien und ausgedienten elektronischen Geräten gewonnen werden. Doch ganze Städte recyceln – ist das möglich?
In der Forschung macht man sich nun daran, die gigantischen und stetig waschsenden städtischen Minen zu erschließen. Das Entwickeln neuer Recycling-Technologien ist dabei ebenso gefragt, wie die aufwändige Erkundung unserer urbanen Rohstofflager. An der technischen Universität Wien arbeitet man deshalb eifrig an digitalen Rohstoffschatzkarten. In 20 bis 30 Jahren wird es wichtig sein zu wissen, wo, wann, wie viele und welche Materialien aus unseren Gebäuden und der Infrastruktur systematisch herausgeholt werden können. Wenn unsere Städte rasant weiterwachsen, werden die dann wiederverwendbaren mineralischen Baustoffe immer wichtiger. Ebenso große Bedeutung haben die in rauen Mengen verbauten Metalle.
Waren Energieeffizienz und Umweltschonung die Hauptargumente für Recycling in der Vergangenheit, so ist es gegenwärtig die effiziente Art an sekundäre Rohstoffe zu gelangen. Selbst Schrott ist heute kostbar geworden. Neben Millionen Altautos, die jährlich in Europa verwertet werden, zeigt sich die Aufbereitung von alten Elektrogeräten als immer attraktiver. Handys entpuppen sich, erstmals recycelt, als wahre Goldminen. Heute landen die kleinen Geräte jedoch noch immer zu Hauf im Ausland – auf illegalen Wegen.
Metalle scheinen heute das Salz der Erde zu sein. Moderne Geräte kommen ohne sie jedenfalls nicht mehr aus. Gold, Silber, Platin und Kupfer sind nur einige der Zutaten für superschnelle Computer, vernetzte Handys und modernste Flachbildschirme. Ihre besonderen Eigenschaften verdanken sie jedoch einer kleinen Gruppe besonders kritischer Metalle – den sogenannten „Seltenen Erden“. In der High-Tech-Industrie längst unverzichtbar geworden, macht man sich derzeitig Sorgen um die großen Mengen, die für grüne Technologien wie Windräder und Elektroautos gebraucht werden. Denn werden diese Stoffe knapp, wird es finster in unserer modernen, hochtechnologischen Gesellschaft.
Rund 97 Prozent der weltweit abgebauten Seltenerd-Vorkommen stammen derzeit aus China. Damit geht es zukünftig nicht nur um Mengen, sondern um Kontrolle. Ein Wettlauf um die raren Stoffe hat begonnen. Weltweit arbeiten deshalb Politik und Industrie gemeinsam an praktikablen Lösungen. Die gut versteckten Metalle aus unseren Produkten wieder heraus zu holen wird die Ingenieurskunst des nächsten Jahrzehnts. Neue Wege müssen beschritten werden und Weitblick ist gefragt, wenn es um eine langfristige Rohstoffsicherung für unsere Länder geht.
Urban Mining ist dabei ein Weltthema der Zukunft zu werden – eines das gerade erst begonnen hat. Rohstoffe wird die Menschheit jedenfalls immer brauchen – und sie hat eine scheinbar unerschöpfliche Mine entdeckt – Die Stadt als ewige Rohstoffquelle.
©Produktion: Christoph Gretzmacher twovisions Filmproduction