Arne Schmitt
Wohnbedarf
Zum Verhältnis von kulturellem und ökonomischem Kapital
(Eine Miniatur)
12:35 Minuten, SW, mit deutschen Zwischentiteln
Zürich, 2021
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1931 wurde die Werkbundsiedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen weitgehend fertig gestellt: eines der zentralen Projekte des Neuen Bauens in der Schweiz, in ruhiger Hanglage mit Blick auf den Zürichsee gelegen. Im selben Jahr wurde eine Wohnausstellung eingerichtet: Die damals neuartige, ästhetisch reduzierte Wohnform musste stark beworben werden, um Interessent*innen zu finden, die Genossenschaftsanteile zu zeichnen bereit waren – und die gleichzeitig über die finanziellen Mittel dazu verfügten. Zu den ersten Bewohner*innen zählten daher zunächst viele der mitplanenden Architekt*innen selbst sowie deren soziokulturelles Umfeld.
Zur architektonischen Form sollte auch die Einrichtung passen und zusammen eine neue Wohnkultur hervorbringen. Das Problem: Möbelentwürfe von Architekten (und häufig ihrer Frauen) waren zwar vorhanden, aber lediglich als Modelle und Einzelstücke. Um eine serienmäßige Produktion zu ermöglichen, die dem industriellen Charakter und dem Anspruch auf niedrige Preise entsprach, wurde eigens die wohnbedarf AG gegründet: vom Moderne-Advokaten und CIAM-Generalsekretär Sigfried Giedion, dem Architekten und Möbelentwerfer Werner Max Moser und dem Geschäftsmann Rudolf Graber.
1933 bezog wohnbedarf ein Ladengeschäft in der Züricher Talstrasse, dessen Schaufenster die damals als kalt und unwohnlich empfundenen Einrichtungsgegenstände dem skeptischen Züricher Bürgertum präsentierten. Bis heute ist die Firma an derselben Adresse zu finden: Einige der ersten Möbelentwürfe werden weiterhin produziert und verkauft. Ihr Wert jedoch ist in jeder Hinsicht ein anderer, kulturell wie ökonomisch.
Jener Differenz ist dieser Film gewidmet.